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Dortmund: Ausstellung „Schichtwechsel“ im LWL-Industriemuseum auf Zeche Zollern beleuchtet Kohlenkrise an der Ruhr

An der Ruhr rechnete damals niemand mit der Krise: In den zehn "goldenen Jahren" nach der Währungsreform war das Revier das Kraftzentrum der Republik. 800.000 Neu-Bergleute wurden angeworben, Kleinzechen reaktiviert, Überschichten waren an der Tagesordnung. Trotzdem blieb das schwarze Gold ein knappes Gut. Als Weihnachten 1950 wegen des Energieengpasses die Lichter in Deutschland ausgingen, handelten Wirtschaft und Politik. Enorme Investitionen flossen in die Gruben, um die Kapazitäten auszuweiten. 50 neue Tagesschächte wurden in den folgenden Jahren abgeteuft, alle Zeichen standen auf Expansion. Tausende offene Stellen für Untertagearbeiter ließen 1957 noch niemanden die bevorstehende Talfahrt erahnen.

Kohleimporte aus Übersee, vor allem aber Erdöl, dessen Preis schlagartig um weit über die Hälfte fiel, machten der heimischen Kohle nun so starke Konkurrenz, dass schon 1958 riesige Halden in den Himmel ragten. Bis Ende des ersten Krisenjahres fuhren die Kumpel an der Ruhr über drei Millionen unbezahlte Feierschichten.

Zwischen 1958 und 1969 verschwanden 62 Schachtanlagen im Ruhrgebiet, mehr als 280.000 Arbeitsplätze gingen in zehn Jahren verloren. Für die Begrenzung der Krise konnten sich die Akteure in Wirtschaft und Politik nicht auf ein Konzept verständigen.1962 legte die Bundesregierung ein Sieben-Punkte-Programm vor. Zentrales Element: ein Rationalisierungsverband, der den Rückbau der Branche steuern und Subventionen in Milliardenhöhe für stillgelegte Förderkapazitäten verteilen soll. Dieses Konzept ging nicht auf, weil Konzerninteressen sich gegen Brancheninteressen durchsetzten. "Florierende Großzechen mit hoher Produktivität wurden dichtgemacht, weil die Prämien noch lukrativer waren", erläutert Gilhaus und sieht hier durchaus Parallelen zur aktuellen Nokia-Krise in Bochum.

Schon 1958 forderte die IG Bergbau die Überführung der Zechen in eine Einheitsgesellschaft und die Verstaatlichung des Bergbaus. Diese Vorstellungen brachte sie in die Konzertierte Aktion unter Bundeswirtschaftminister Karl Schiller ein. 1968 gelang die Gründung der Ruhrkohle AG auf privatwirtschaftlicher Grundlage. 52 Schachtanlagen und 29 Kokereien gehen in ihr auf.
Schon früh trugen die Bergleute ihre Wut auf die Straße. 1959 fordern 60.000 Kumpel beim Marsch auf Bonn ein Maßnahmenpaket zu ihrer sozialen Absicherung mit Mitbestimmung bei Stilllegungen, Ersatzarbeitsplätze, Entschädigung für Verdienstausfall Mitte der 1960er Jahre radikalisierte sich die Stimmung, denn der Arbeitsmarkt war inzwischen leergefegt.

Für die Ausstellung hat das LWL-Industriemuseum acht Zeitzeugen interviewt und gefilmt. Darunter Georg Zimoch, Jahrgang 1936, damals Abteilungssteiger auf den Zechen Lothringen, Erin und Prosper, dort zuletzt Nachtschichtdirektor. Er ist im Bergbau geblieben und berichtet über mehrere Verlegungen. Karl Bäcker berichtet im Interview über seine Motive, 1962 bei Opel in Bochum neu anzufangen.

Seit 1975 geriet das Ruhrgebiet in eine "doppelte Krise", denn auch in der Stahlindustrie begann der Rückbau. Sehr langsam und mit hohem finanziellen Einsatz entstand das neue Revier, das sich von der Schwerindustrie löste. Der Dienstleistungssektor übernahm die Führung, neue Schlüsselindustrie wurde der Maschinenbau. Eine dichte Hochschullandschaft entstand, Technologiezentren sind heute das Scharnier zur Wirtschaft. Am Beispiel der Stadt Dortmund zeigt die Schau, wie sich die Stadt verändert hat, was aus den alten Zechenstandorten geworden ist und welche Rolle Kulturschaffende beim Entstehen eines neuen Lebensgefühls im Revier gespielt haben.

Schichtwechsel. Die Kohlenkrise an der Ruhr 1958 -1969
20. Januar (Eröffnung 11 Uhr) bis 6. April 2008
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Grubenweg 5, 44388 Dortmund
Geöffnet Di – So 10-10 Uhr

Foto: Arbeitsloser Bergmann in Gelsenkirchen vor dem Fördergerüst der Zeche Graf Bismarck, 1966. Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Kurt Rohwedder
(Text und Foto: LWL-Pressestelle)

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