Vorträge & Tagungen

Russland: Dritte Tagung „Industrielles Erbe“ in Wyksa, Region Nishnij-Nowgorod

Ziel der Tagung waren der Austausch aktueller industriehistorischer Forschungsergebnisse sowie ihre Verknüpfung mit industriearchäologischen, lokalgeschichtlichen und museal-denkmalpflegerischen Ansätzen.

In der einleitenden Plenarsitzung sprachen Wenjamin Alexejew, Direktor des Instituts für Geschichte und Archäologe der Ural-Abteilung der Akademie der Wissenschaften („Metallurgische Werke des Ural als Denkmale industrieller Zivilisation“); Wladimir Saparij, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Technischen Universität in Jekaterinburg und russischer TICCIH-Repräsentant („Theoretisch-methodische Aspekte beim Studium des Industriellen Erbes“), Alexander Kierdorf, Architekturhistoriker in Köln und Mitglied von TICCIH-Deutschland („Industriekultur in Deutschland – Situation und Perspektiven“) sowie der Hauptorganisator der Konferenz, Nikolai Arsentiew, Professor an der Mordowischen Universität in Saransk („Wyksa als russischer Industriezentrum – Geschichte und Gegenwart“).

SM_Wyksa
Stahlwerk der WMS

In dem nachmittags anschließenden Praktischen Seminar „Erfahrungen mit der Musealisierung und Umnutzung des Industriellen Erbes“ wurden verschiedene Beispiele für die Einbindung von Industriedenkmalen in städtebaulich-geschichtliche Anlagen vorgestellt. Einen Schwerpunkt bildete dabei die Diskussion über die Zukunft der in Wyksa vorhandenen Werke des Ingenieurs Wladimir Schuchow: einen kurz vor 1900 errichteten Wasserturm sowie eine mit Netzkuppeln gedeckte Werkshalle auf dem Gelände der Fabrik. Städtebauliche Planungen sehen vor, den derzeit inmitten des Stahlwerks stehenden Turm an den Stausee im Stadtzentrum zu versetzen, wo er zusammen mit historischen Gebäuden, darunter dem Herrenhaus der Fabrikgründerfamilie Bataschjow, wiederhergestellten Nebengebäuden der ersten Fabrik sowie der Kirche Teil eines neu gestalteten Ortskernes würde.

Wyksa_Projekt_I_kl

Aus historischen und konservatorischen Gründen wurde die geplante Versetzung des Wasserturmes jedoch stark kritisiert. Bürgermeister Rajew berichtete über eine kürzlich ebenfalls auf dem Fabrikgelände identifizierte weitere, mit einer tonnenförmigen Netzkonstruktion überdachte Halle von Schuchow.

In zwei Vorträgen stellten Prof. Rainer Graefe von der Universität Innsbruck sowie Prof. Rainer Bartel von der Technischen Hochschule München ihre Untersuchungen zu der in Wyksa erhaltenen, innerhalb des Werks von Schuchow einmaligen Fabrikhalle vor. Rainer Graefe stellte die Konstruktionen Schuchows in den internationalen Zusammenhang der Ingenieurbaugeschichte. Rainer Bartel berichtete über die von seinem Team vorgenommenen detaillierten Untersuchungen zu Baugeschichte und Zustand der Halle.

Halle_Wyksa_II

Halle_Wyksa_I

In einem dritten Vortrag stellte die Professorin Natascha Winogradowa die besondere Bedeutung der Region Nishnij Nowgorod für das Werk Schuchows heraus, ausgehend von der Industrieausstellung 1896. Sie berichtete von den Bemühungen, die insgesamt sechs bekannten Bauten Schuchows in der Region zum Weltkulturerbe erklären zu lassen und damit zu schützen. Wie dringend dies gerade angesichts des geringen öffentlichen Interesses sei, belegte sie mit Bildern von den durch Metalldiebe bis auf ein letztes erhaltenes Exemplar zerstörten Strommasten Schuchows über die Oka bei Dshershinsk.

Abschließend stellte Natalija Aschawskaja von der Moskauer Stiftung „Schuchow-Turm“ ihre auch von den Nachkommen des Ingenieurs unterstützen Aktivitäten vor.

WT_Wyksa_ganz
Schuchow-Wasserturm in Wyksa

Der zweite Sitzungstag war in vier Sektionen überwiegend lokal- und wirtschaftgeschichtlichen Themen gewidmet. Alle Beiträge wurden – wie auf den vorherigen gleichnamigen Tagungen in Saransk (2005) und Gus-Krystalnij (2006) vorab in einem voluminösen Band publiziert. Das Abschlussplenum verabschiedete unter anderem eine Resolution, in der mehr Unterstützung für die Erforschung der Industriegeschichte und Studium und Erhalt ihrer Zeugnisse auch auf höchster staatlicher Ebene gefordert wurde. Damit soll die Stellung der Industriekultur in lokalen und regionalen Zusammenhängen gestärkt und als gesamtstaatliche Aufgabe gefestigt werden.

Der letzte Konferenztag war dem Besuch des gastgebenden Unternehmens gewidmet, das in diesem Jahr sein 250jähriges Bestehen feiert. Neben dem Schuchow-Wasserturm wurde eine von mehreren Produktionsstrassen für grosse geschweisste Röhren besichtigt. Die Wyksaer Metallurgische Fabrik hat sich in den letzten Jahren als führender Lieferant von Eisenbahnrädern in Russland sowie durch eine neuerrichtete Produktionslinie für beschichtete Gasleitungsrohre für Pipelines zu einem der „Leader“ der postsowjetischen Wirtschaft entwickelt. In einem in den 1930er Jahren errichteten Siemens-Martin-Werk wird aus Schrott Rohstahl erzeugt. Das Unternehmen gehört zur gleichen Gruppe wie das ebenfalls industriegeschichtlich bedeutende Hüttenwerk in Tschussowoj/Ural.

 

Nähere Informationen zur Werkgeschichte (englisch) unter:www.vsw.ru/en/about_en/history_en/

Zum Werk von Wladimir Schuchow siehe u.a.:www.shukhov.ru/deutsch.html

250_Jahre_WMS_kl

 

Ein Cookie ist eine Textinformation, die im Browser auf dem Endgerät des Betrachters jeweils zu einer besuchten Website gespeichert werden kann. Sie helfen uns und Dritten dabei, den Internetauftritt komfortabel bereitzustellen und zu analysieren, wie unsere Seiten benutzt werden. Bitte beachten Sie: Einige Cookies von Drittanbietern (z.B. YouTube) können Ihre Daten auch in Drittländer übermitteln, welche nicht das Schutzniveau bieten, das der DS-GVO entspricht. Sie können Ihre Einwilligung jederzeit über die Cookie-Einstellungen unten auf der Seite widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. View more
Cookies settings
Akzeptieren
Privacy & Cookie policy
Privacy & Cookies policy
Cookie name Active

Wer wir sind

Die Adresse unserer Website ist: https://industrie-kultur.org und https://industrie-kultur.de

Kommentare

Wenn Besucher Kommentare auf der Website schreiben, sammeln wir die Daten, die im Kommentar-Formular angezeigt werden, außerdem die IP-Adresse des Besuchers und den User-Agent-String (damit wird der Browser identifiziert), um die Erkennung von Spam zu unterstützen. Aus deiner E-Mail-Adresse kann eine anonymisierte Zeichenfolge erstellt (auch Hash genannt) und dem Gravatar-Dienst übergeben werden, um zu prüfen, ob du diesen benutzt. Die Datenschutzerklärung des Gravatar-Dienstes findest du hier: https://automattic.com/privacy/. Nachdem dein Kommentar freigegeben wurde, ist dein Profilbild öffentlich im Kontext deines Kommentars sichtbar.

Medien

Wenn du ein registrierter Benutzer bist und Fotos auf diese Website lädst, solltest du vermeiden, Fotos mit einem EXIF-GPS-Standort hochzuladen. Besucher dieser Website könnten Fotos, die auf dieser Website gespeichert sind, herunterladen und deren Standort-Informationen extrahieren.

Cookies

Wenn du einen Kommentar auf unserer Website schreibst, kann das eine Einwilligung sein, deinen Namen, E-Mail-Adresse und Website in Cookies zu speichern. Dies ist eine Komfortfunktion, damit du nicht, wenn du einen weiteren Kommentar schreibst, all diese Daten erneut eingeben musst. Diese Cookies werden ein Jahr lang gespeichert. Falls du ein Konto hast und dich auf dieser Website anmeldest, werden wir ein temporäres Cookie setzen, um festzustellen, ob dein Browser Cookies akzeptiert. Dieses Cookie enthält keine personenbezogenen Daten und wird verworfen, wenn du deinen Browser schließt. Wenn du dich anmeldest, werden wir einige Cookies einrichten, um deine Anmeldeinformationen und Anzeigeoptionen zu speichern. Anmelde-Cookies verfallen nach zwei Tagen und Cookies für die Anzeigeoptionen nach einem Jahr. Falls du bei der Anmeldung „Angemeldet bleiben“ auswählst, wird deine Anmeldung zwei Wochen lang aufrechterhalten. Mit der Abmeldung aus deinem Konto werden die Anmelde-Cookies gelöscht. Wenn du einen Artikel bearbeitest oder veröffentlichst, wird ein zusätzlicher Cookie in deinem Browser gespeichert. Dieser Cookie enthält keine personenbezogenen Daten und verweist nur auf die Beitrags-ID des Artikels, den du gerade bearbeitet hast. Der Cookie verfällt nach einem Tag.

Eingebettete Inhalte von anderen Websites

Beiträge auf dieser Website können eingebettete Inhalte beinhalten (z. B. Videos, Bilder, Beiträge etc.). Eingebettete Inhalte von anderen Websites verhalten sich exakt so, als ob der Besucher die andere Website besucht hätte. Diese Websites können Daten über dich sammeln, Cookies benutzen, zusätzliche Tracking-Dienste von Dritten einbetten und deine Interaktion mit diesem eingebetteten Inhalt aufzeichnen, inklusive deiner Interaktion mit dem eingebetteten Inhalt, falls du ein Konto hast und auf dieser Website angemeldet bist.

Mit wem wir deine Daten teilen

Wenn du eine Zurücksetzung des Passworts beantragst, wird deine IP-Adresse in der E-Mail zur Zurücksetzung enthalten sein.

Wie lange wir deine Daten speichern

Wenn du einen Kommentar schreibst, wird dieser inklusive Metadaten zeitlich unbegrenzt gespeichert. Auf diese Art können wir Folgekommentare automatisch erkennen und freigeben, anstatt sie in einer Moderations-Warteschlange festzuhalten. Für Benutzer, die sich auf unserer Website registrieren, speichern wir zusätzlich die persönlichen Informationen, die sie in ihren Benutzerprofilen angeben. Alle Benutzer können jederzeit ihre persönlichen Informationen einsehen, verändern oder löschen (der Benutzername kann nicht verändert werden). Administratoren der Website können diese Informationen ebenfalls einsehen und verändern.

Welche Rechte du an deinen Daten hast

Wenn du ein Konto auf dieser Website besitzt oder Kommentare geschrieben hast, kannst du einen Export deiner personenbezogenen Daten bei uns anfordern, inklusive aller Daten, die du uns mitgeteilt hast. Darüber hinaus kannst du die Löschung aller personenbezogenen Daten, die wir von dir gespeichert haben, anfordern. Dies umfasst nicht die Daten, die wir aufgrund administrativer, rechtlicher oder sicherheitsrelevanter Notwendigkeiten aufbewahren müssen.

Wohin deine Daten gesendet werden

Besucher-Kommentare könnten von einem automatisierten Dienst zur Spam-Erkennung untersucht werden.
Save settings
Cookies settings