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Münster: Buch und Ausstellung „Die Speicherstadt Münster“ dokumentieren Weg vom NS-Heeresverpflegungsamt zum Dienstleistungszentrum

Die Speicherstadt in Münsters Norden hat eine bewegte Geschichte erlebt: 1938/39 als Heeresverpflegungshauptamt von der Wehrmacht erbaut, wurde sie von 1945 bis 1994 von der britischen Armee unter dem Namen Winterbourne Barracks als Kaserne genutzt. 1998 kaufte die Westfälisch-Lippische Vermögensverwaltungsgesellschaft die Anlage und baute sie für die zivile Nutzung um. Diese Konversion steht jetzt vor dem Abschluss. Das Institut für vergleichende Städtegeschichte hat den Prozess in einem Forschungsprojekt begleitet. Die Ergebnisse zeigen das Institut und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), dessen Tochter die WLV ist, jetzt in der Ausstellung "Die Speicherstadt Münster", die noch bis zum 9. Januar im LWL-Landeshaus (Freiherr-vom-Steinplatz 1 in Münster) zu sehen ist. Dazu ist ein gleichnamiges Buch im Ardey-Verlag erschienen.

"Als Eigentümer der Speicherstadt sehen wir uns verpflichtet, die Geschichte der Speicherstadt aufzuarbeiten und so unserer historischen Verantwortung im Umgang mit den während der Zeit des Nationalsozialismus entstandenen Gebäuden gerecht zu werden", sagte LWL-Direktor und WLV-Aufsichtsrats-vorsitzender Dr. Wolfgang Kirsch am Mittwoch (17.12.) bei der Ausstellungseröffnung und Buchpräsentation.

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Umgebauter Bodenspeicher mit Glasfassade, 2008

Die heutige Speicherstadt wurde von der Wehrmacht 1938/39 als eines von sechs Heeresverpflegungshauptämtern im Wehrkreis VI (neben Münster waren dies Düsseldorf, Köln, Köln-Wahn, Minden und Paderborn-Neuhaus) für die Versorgung der Soldaten mit Brot und der Pferde mit Futter errichtet. Das ehemalige Heeresverpflegungshauptamt bestand aus neun Speichergebäuden (sieben Bodenspeichern und zwei Zellenspeichern), einer Heeresbäckerei sowie zahlreichen weiteren Verwaltungs- und Betriebsgebäuden. Es besaß einen eigenen Gleisanschluss an das Netz der Deutschen Reichsbahn. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges wurden in diesen reichszentral geplanten und zeitgleich errichteten so genannten Reichstypenspeichern Getreide und Mehl gelagert sowie das Kommissbrot zur Versorgung der Soldaten gebacken.

Das Buch und die Ausstellung vermitteln die Entwicklungsgeschichte des ehemaligen Heeresverpflegungsamtes bis zur heutigen Speicherstadt in ihrer gesamten Bandbreite und betten diese in aktuelle Fragestellungen der Konversion und des Denkmalschutzes ein. Damit bearbeitet diese Werkmonographie nicht nur die Baugeschichte des Objektes, sondern widmet sich darüber hinaus weiterführenden Aspekten der Vermarktung und Verwertung solcher großflächigen, ehemals militärisch genutzten Immobilien.

"Das Forschungsprojekt betritt Neuland, indem es die militärhistorische Vergangenheit des ehemaligen Heeresverpflegungshauptamtes als strategisches, logistisches und administratives Versorgungszentrum des Heeres während des Zweiten Weltkrieges aufarbeitet. Denn solche Versorgungs-anlagen standen bisher eher am Rand des Forschungsinteresses", sagte Prof. Dr. Werner Freitag, Geschäftsführer des Institutes für vergleichende Städtegeschichte. Eine Überblickskarte der Heeresverpflegungsämter im Deutschen Reich 1936 bis 1944 vermittele anschaulich den massiv betriebenen Aufbau der militärischen Infrastruktur, die sich flächendeckend ausgebreitet habe und als ein deutliches Moment der Aufrüstung und der aggressiven kriegswirtschaftlichen Mobilmachung zu verstehen sei, so Freitag weiter.

Bundesweit sind die meisten dieser ehemaligen Versorgungsmagazine bis heute erhalten. Sie befinden sich in unterschiedlichen Nutzungs- und Entwicklungsstadien. Wenige Speichergebäude wurden bisher gesprengt (z.B. Paderborn-Neuhaus, Braunschweig-Gliesmarode); viele stehen leer und sind dem Vandalismus ausgeliefert (z.B. Kaiserslautern, München), und einige werden noch von den alliierten Streitkräften oder der Bundeswehr genutzt (z.B. Hamburg, Oldenburg, Osnabrück). Nur wenige Anlagen haben eine einheitliche Umnutzung erfahren (z.B. Bielefeld und Stendal). "Von den einheitlich umgenutzten Anlagen ist die Speicherstadt Münster die größte. Ihr umfangreicher Gebäudekomplex ist innerhalb von zehn Jahren nahezu vollständig umgenutzt worden", hoben Kirsch und Freitag hervor.

Die Ausstellung kann noch bis zum 9. Januar 2009 wochentags von 9 Uhr bis 19 Uhr in der LWL-Bürgerhalle des LWL-Landeshauses, Freiherr-vom-Stein-Platz 1 besucht werden. Heiligabend und Silvester ist die Ausstellung geschlossen.

Weitere Informationen zum Projekt

Weitere Auskünfte bei: Angelika Oelgeklaus, Institut für vergleichende Städtegeschichte, Königsstr. 46, 48143 Münster (Tel.: 0251/83 275 11, A.Oelgeklaus@uni-muenster.de).

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Die Speicherstadt Münster. Heeresverpflegungsamt und Reichstypenspeicher. Konversion und Denkmalschutz
hg. vom Institut für vergleichende Städtegeschichte durch Angelika Oelgeklaus, Münster: Ardey 2008, Festeinband, 320 Seiten, Format 24 cm x 29,5 cm; ISBN 978-3-87023-274-0, 48 ¤ 

(Text: LWL; Fotos: Stadtarchiv Münster; Oelgeklaus)

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