Vorträge & Tagungen

Luftschiffhalle Güstrow-Suckow – die große Unbekannte

In dem zu Güstrow gehörenden Dorf Suckow steht eine riesige Halle, die wegen ihrer Größe und wegen ihrer Konstruktion auffällt. Mehr als 70 Jahre lang wurde sie als Scheune genutzt. Sie soll eine Luftschiffhalle gewesen sein, wird deshalb im Dorf nur „Zeppelin-Scheune“ genannt. Die Herkunft aber ist unklar. Mehrere damit befasste Historiker und Denkmalpfleger sind von der Halle begeistert, konnten aber das Rätsel nicht lösen. Es sind dabei sogar mehr Fragen aufgetaucht. Klar ist: Für eine Scheune ist die Halle eigentlich viel zu groß.Suckow liegt nördlich der Stadt etwas abseits: Wer von der Bundesstraße 103 in das Dorf hineinfährt, findet die Halle gleich am Ortseingang links. Sie wirkt auf den ersten Blick gar nicht so groß, die schwarze Dachpappe macht sie eher klein und hässlich. Erst drinnen, wenn sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt hat, wird die Schönheit der seltenen, stützenfreien Bogenbinder-Konstruktion aus Holz sichtbar. Durch drei große Scheunentore können Fahrzeuge in die etwa 45 Meter lange und 20 Meter breite Halle hineinfahren. Leider ist die Außenhaut an mehreren Stellen schon zerstört, so dass auch die Konstruktion bedroht ist.1926 soll diese Halle im Auftrag des Domänen-Pächters des Gutes Suckow aufgestellt worden sein. „Dies haben meine Eltern immer erzählt“, berichtete die Nachbarin Johanne Reddig, die 1947 mit ihrer Familie als Neusiedler ins Dorf gezogen war. Die Hallenteile sind mit der Bahn in Güstrow angeliefert und mit Pferdefuhrwerken in das etwa fünf Kilometer entfernte Dorf gebracht worden, erzählte sie weiter. Es sei nur die Hälfte einer Luftschiff-Halle. Die andere Hälfte soll im Berliner Raum aufgestellt worden sein, existiere aber wohl nicht mehr. Die Suckower Halle wurde von der Gutsdomäne und später von der LPG Lüssow als Strohlager, zum Dreschen, als Düngerlager und sogar als Schweinestall genutzt. Wegen der stützenfreien, hohen Konstruktion sei sie auch ideal für Kranarbeiten gewesen, ergänzte ein ehemaliger LPG-Mitarbeiter begeistert.

Im Frühjahr 2004 wurde die „Zeppelin-Scheune“ versteigert. Ein unbekannter Bieter habe die zur Zeit ungenutzte Halle und das 4000 Quadratmeter große Grundstück für 6000 Euro bekommen, teilte die Norddeutsche Grundstücksauktionen AG (Rostock) mit. Experten befürchten, dass der unter Denkmalschutz stehende Bau gefährdet ist, weil der Investor lediglich an dem Grundstück interessiert sein könnte.

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Luftschiffe haben nur eine kurze Ära zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebt. Die meisten dieser riesigen Luftfahrzeuge wurden kurz vor oder im Ersten Weltkrieg gebaut. Übrig blieben davon vor allem mehrere Luftschiffhallen in aller Welt, unter anderem in Lakehurst (USA), in Cardington nördlich von London, in Riga (die beiden heutigen Markthallen stammen aus Wainoden) und in Stolp/Seddin in Hinterpommern. Nach dem Ersten Weltkrieg bzw. dem Versailler Vertrag 1919 mussten in Deutschland die meisten Luftschiffhallen zerlegt werden. Sie wurden oft verkauft und an anderer Stelle für neue Nutzungen wieder aufgebaut. Dabei wurden sie in der Länge halbiert oder gedrittelt, in der Höhe gekürzt oder auch in der Konstruktion verändert. In Deutschland erhaltene Hallen gibt es als Produktionshalle bei der Papier- und Kartonfabrik Varel GmbH & Co. KG im Ammerland (Herkunft nicht eindeutig, vermutlich aus Nordholz), in Wilthen bei Bautzen als Lagerhalle der Firma Hünlich (vom Flugplatz Kaditz aus Dresden-Übigau), in Auggen im Schwarzwald als Sägehalle der Karl Richtberg KG (vom Flugplatz Oos in Baden-Baden) und in Darmstadt als Maschinenbauhalle der Bahnbedarf Rodberg AG (aus Allenstein/Ostpreußen). Letztere war 1923 expressionistisch mit Klinkern verkleidet worden. Bis 2001 wurde eine zweite Ebene eingezogen, seitdem dient sie als Parkhaus. In Darmstadt wie auch in Wilthen gab es ursprünglich einen zweiten Hallenteil, der jeweils abgebrannt ist.Diese Hallen aber haben alle eine Metallkonstruktion. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden in Deutschland und den besetzten Gebieten 107 Hallen für Luftschiffe gebaut. Dazu gehörten große Hallen für Zeppelin-Luftschiffe, aber auch kleinere für Luftschiffe von Firmen wie Schütte-Lanz oder Parseval. Hersteller waren etwa ein Dutzend Firmen, eine davon – die Arthur Müller Ballonhallen-Bau AG in Berlin – hat vor dem Beginn des Ersten Weltkrieges für kleinere Luftschiffe auch 15 Hallen mit einer Holzkonstruktion gebaut, berichtete Bernd-Rüdiger Ahlbrecht von der Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte e.V. (GBSL, Berlin). Doch die Suckower Halle ist keine dieser Hallen, sie sieht anders aus, betont der Historiker John Provan (Kelkheim). Er hat über diese Bauwerke promoviert. Möglicherweise waren in der Suckower Halle einst Fessel-Ballons („Kite-Balloons“) der Luftschiffer-Truppen untergebracht. Die Geschichte dieser im Ersten Weltkrieg zu Tausenden eingesetzten Fluggeräte sei kaum erforscht, ein solcher Ballon sei nur im Airforce-Museum in Dayton/Ohio (USA) erhalten geblieben. „Es gibt darüber aber keine Unterlagen“, betonte Provan. Von Deutschland, Frankreich und den USA wurden geschätzt etwa 30.000 Fessel-Ballons gebaut. Sie waren antriebslos und wurden mit einer Leine gesteuert und festgehalten. Soldaten konnten damit Luftsperren bauen oder aus der Luft die gegnerische Front ausspähen. Einige Soldaten wurden mehrfach pro Tag abgeschossen, konnten sich dann aber meistens mit dem Fallschirm retten, erzählte Provan weiter. An der Front habe es aber keine festen Hallen für diese Fluggeräte gegeben. Doch die in rückwärtigen Linien übenden Luftschiff-Truppen dürften auch feste Hallen dafür gehabt haben. Doch auch das sei Spekulation. „Es gibt zur Suckower Halle nichts Greifbares“, bedauerte Provan.

Sven Bardua (Stand: Herbst 2004)

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