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Köln/Münster: Unersetzliche Archivalien durch Archiveinsturz in Köln verschüttet – LWL-Archivamt Münster leistet Hilfe

Neben den städtischen, bis ins Mittelalter zurückreichenden Akten sowie zahlreichen Beständen von zur Zeit der französischen Revolution aufgelösten Klöstern und Stiften umfasst das Archiv auch zahlreiche Nachlässe Kölner Bürger sowie Familienarchive, darunter bedeutender Unternehmer und Industrieller, etwa Mevissen, Guilleaume und vom Rath. Ausserdem sammelte es schwerpunktmäßig Nachlässe Kölner Architekten, darunter Dominikus Böhm, Wilhelm und Josef Koep und Karl Band und konnte deshalb auch als größtes Architekturarchiv in Nordrhein-Westfalen gelten. Eine umfangreiche Fachbibliothek und ein Bildarchiv ergänzten die Einrichtung zu einer zentralen Forschungsstätte für die Kölner Geschichte und Kultur (Zur Bestandsübersicht). Das allerdings auch in Köln überwiegend nur Fachkreisen bekannte Archiv wurde gerne als bedeutendstes Kommunalarchiv nördlich der Alpen bezeichnet.

Seit längerer Zeit war die Lagerkapazität an der Severinstraße erschöpft; im Zusammenhang mit der Neunutzung der Bauten der Gerling-Versicherung im Gereonsviertel wurde eine Rückkehr in das dort noch stehende historische Archivgebäude des späten 19. Jahrhunderts, ergänzt durch benachbarte Bauten, diskutiert. Die Stadt Köln favorisierte nach Medienberichten jedoch einen Neubau an anderer Stelle.

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Historisches Stadtarchiv am Gereonskloster

Welche Bestände sich aus Platzgründen nicht an der Severinstraße befanden und deshalb vom Einsturzunglück nicht betroffen sind, ist derzeit nicht bekannt; dort waren allerdings die ältesten und zentralen sowie die meistgenutzten Unterlagen gelagert.

Der Kölner Kulturdezernent bezifferte den materiellen Schaden auf 400 Mio. Euro. Nach Presseberichten war das Archiv jedoch nur gegen Feuer, Sturm und Explosion versichert. Inzwischen habe NRW-Ministerpräsident Rüttgers Hilfe aus dem Konjunkturprogramm des Landes versprochen. Obwohl der Einsturz eindeutig auf die vor dem Archiv stattfindenden U-Bahn-Bauarbeiten in 30 m Tiefe zurückzuführen sei, wollte sich nach Medienberichten das städtische Verkehrsunternehmen KVB als Bauherr noch nicht zu seiner Verantwortung bekennen.

Das Archiv verfügte auch – im Sockelgeschoß des Magazinbaus – über Ausstellungsflächen. Dort sollte im Sommer 2009 die in Karlsruhe zusammengestellte Ausstellung über Fritz Leonhardt, den an mehreren Kölner Brücken beteiligten Stuttgarter Bauingenieur, stattfinden. (wir berichteten).

Während sich – von der Bergung der in den Anbauten gelagerten Archivalien abgesehen – sich die Rettungsarbeiten zunächst auf die beiden vermissten Personen konzentrierten, wurden zum Schutz der verschütteten Archivalien vor Feuchtigkeit Planen über der Einsturzstelle ausgebreitet. Berichte über mehrere Wassereinbrücke sowie die zur Stabilisierung des Untergrunds eingebrachten 1000 Kubikmeter Beton lassen die Frage nach dem Zustand der verschütteten Dokumente besonders akut werden. Trotzdem erscheinen die ersten Berichte über einen Totalverlust verfrüht; es besteht vielmehr nach verbreiterer Ansicht Hoffnung, dass der größte Teil der Archivalien den Einsturz beschädigt geborgen werden kann.

Die zahlreichen aus der Stadt, aber auch weltweit  eingehenden Hilfsangebote werden vom Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs in Köln, Dr. Ulrich Soenius, koordiniert. Er wandte sich am Mittwoch nach dem Einsturz mit einem Schreiben an die (Fach-) Öffentlichkeit, in der er die umgehende Errichtung eines Schutzdaches über der Unglücksstelle ankündigte. (Zum Soenius-Schreiben)

Als wesentliche Hilfe stehen nach eigenen Angaben Fachleute des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) bereit, um nach Abschluss der Bergung von Verletzten auch das Archivmaterial aus dem eingestürzten Stadtarchiv in Köln zu retten.

Die Restaurierungswerkstatt des LWL-Archivamtes in Münster ist wie bei früheren vergleichbaren Katastrophen darauf spezialisiert, bei der konservatorischen Behandlung geschädigter Archivalien zu helfen. Die Fachleute tragen dabei unter "Reinraum-Bedingungen" Verschmutzungen ab und trocknen feuchte Handschriften oder Akten mit einem Spezialverfahren.

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Reinhold Sand vom LWL-Archivamt zeigt, wie die Archivalien getrocknet werden

"Es ist zu befürchten, dass ein Teil der Akten und Urkunden unter den Schuttbergen Feuchtigkeitsschäden davontragen werden. Mit der sogenannten Gefriertrocknung können teilweise durchnässten Archivalien vor dem Zerfall bewahrt werden", so Dr. Marcus Stumpf, Leiter der LWL-Archivamtes für Westfalen. Dazu müssen die nassen Akten am besten eingefroren werden, zum Beispiel in Kühlhäusern.

In der Gefriertrocknungsanlage des LWL, die Ähnlichkeit mit einem normalen Gefrierschrank hat, werden die Akten dann einem Vakuum ausgesetzt. Das Eis wird dadurch sofort gasförmig und kann abgesaugt werden."So vermeiden wir, dass die wertvollen Dokumente verkleben und schimmeln", erläutert Stumpf. In Münster stehen zwei Trockenschränke mit einer Kapazität von jeweils einem Kubikmeter zur Verfügung. Die Trocknung allein dauert je nach Umfang und Nässe der Dokumente bis zu einer Woche. Erst dann können sie von Schlamm und Schmutz befreit werden.

Da die Kapazitäten der Gefriertrocknungsanlage begrenzt sind, können nicht alle Akten und Dokumente sofort getrocknet werden. Der Großteil der Unterlagen würde aus diesem Grund in einem Kühlhaus im Münsterland zwischengelagert. Schon in ähnlichen Fällen wie bei den Hochwasser-Katastrophen in Ostdeutschland oder Polen vor einigen Jahren hatten die Archivexperten helfen können.

Historisches Archiv: Wikipedia

Information der Stadt Köln

(Fotos: Stadt Köln/Erhan, Malzkorn; wikipedia; LWL)

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