Bremen: Kaffee-HAG-Werk und Kaba-Produktionsgebäude werden saniert und umgenutzt
Die Kaffee-HAG-Fabrik wurde 1906/07 als Eisenbetonbau von dem Bremer Architekten Hugo Wagner für Ludwig Roselius errichtet. Sie ist ein wichtiges Dokument für die Reformbestrebungen im Fabrikbau in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Deutschland. Die Kaffee-HAG-Fabrik fand damals enorme Beachtung als vorbildliches Beispiel eines modernen, sich von den Fesseln historistischer Dekorationsarchitektur lösenden Industriebaus. Die programmatischen, 1910 gegründete Zeitschrift "Der Industriebau" stellte das Unternehmen nicht nur ausführlich vor, sondern nahm seine Silhouette auch – zusammen mit dem Erlwein-Gasbehälter in Dresden-Reick – als Symbol für den modernen Industriebau in sein Signet auf.
ausgeräumtes Kesselhaus
Die Eigentümlichkeit der Anlage besteht nach Expertenansicht darin, dass ein radikaler Funktionalismus im Sinne der Neuen Sachlichkeit noch nicht realisiert ist: Vielmehr führen Einflüsse des Heimatstils, des englischen Landhausbaus und der klassizisierenden "Um-1800"-Richtung zu einer malerischen Bewegtheit der Silhouetten. Bei den frühen Erweiterungen der 1910er und 20er Jahre wurde das Wagnersche Fassadensystems fortgeführt; das Ensemble an der Hagstraße wirkt als zusammengehörige Einheit.
"Die Kaffee-HAG-Fabrik ist zweifellos ein hochrangiges Denkmal. Künstlerische, architektur- und industriegeschichtliche sowie kulturgeschichtliche Aspekte fordern geradezu die Eintragung in die Denkmalliste. Durch den Erhalt markanter historischer Bauten und ihre Kennzeichnung als erhaltenswerte Kulturdenkmäler steigt die Attraktivität der erweiterten Überseestadt deutlich an", erklärte Landesdenkmalpfleger Professor Georg Skalecki.
Schon vor Jahren wurde – angesichts drohender Verstümmelung – in einer eigenen Publikation auf die herausragende Bedeutung des Kaffee-HAG-Werkes für die Entwicklung der modernen Idnustriearchitektur hingewiesen. Nun endlich erfolgte – im Zusammenhang mit geplanten Sanierungs- und Umbaumaßnahmen – der Eintrag in die Denkmalliste (Info hier).
Der britische Eigentümer will durch den Berliner Projektentwickler „Sirius Facilities" den Gebäudekomplex aus Kaffee-HAG- und Kaba-Fabrik (ehemals Geraer Ölmühle), einem klassischen Sichtziegel-Industriebau der Gründerzeit – in einen lebendigen, hochwertigen „Businesspark“ umnutzen. Mit der Planung beauftragt sind die Architekten Schulze Pampus aus Bremen. Im Rahmen einer Besichtigung der Arbeitsgruppe Industriedenkmalpflege der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger wurden Konzept und Vorgehensweise erläutert. Unter dem Stichwort „new rawness“ sollen zunächst Bausubstanz und Fassaden saniert werden; der Innenausbau richte sich nach den Bedürfnissen der Nutzer oder flexiblen Standards.
Zur Information des Betreibers hier
Literaturhinweis:
100 Jahre Kaffee HAG : die Geschichte einer Marke / hrsg. von Kraft Foods Deutschland
Kern, Bärbel [Hrsg.] u.a.
Bremen : Ed. Temmen, 2006, 264 S, ISBN: 3-86108-082-6